How To? RNAV Approach auf dem A320
- Hüseyin Yildirim
- vor 2 Tagen
- 3 Min. Lesezeit
RNAV-Anflug sicher durchführen – Verfahren, Technik und Praxisbeispiel
Der RNAV-Anflug (Area Navigation) gehört heute zu den Standardverfahren im Linien- und Businessflug. GPS-basiert, hochpräzise und effizient – RNAV-Verfahren ermöglichen flexible Routenführung und stabil geführte Anflüge auf Flughäfen weltweit. In diesem Beitrag betrachten wir die typischen Abläufe eines RNAV-Anflugs am Beispiel von Miami International Airport (KMIA) im Airbus A320 – vom Set-up des Flight Management Systems bis zur Landung.
Was ist ein RNAV-Anflug?
Der RNAV-Anflug ist ein satellitengestütztes Anflugverfahren, das es ermöglicht, eine definierte Abfolge von Wegpunkten (Waypoints) mit hoher Genauigkeit zu überfliegen. Dabei wird der Flugweg nicht mehr zwingend durch Bodenstationen wie VORs oder NDBs definiert, sondern durch geografisch festgelegte Koordinaten. Diese Art der Navigation erlaubt effizientere Streckenführungen und stabilere Anflüge – insbesondere unter IFR-Bedingungen.
Ein RNAV-Anflug ist nicht automatisch ein Präzisionsanflug – das hängt von der Art der Ausstattung und Zulassung des Verfahrens ab. Häufig handelt es sich um sogenannte RNAV(GNSS) Approaches, zum Teil auch mit LPV- oder LNAV/VNAV-Minima.
Vorbereitung und FMS-Konfiguration
Vor Beginn des Anflugs muss das Flight Management System korrekt konfiguriert werden. Im Airbus A320 erfolgt dies über die MCDU. Hier wird zunächst der Zielflughafen ausgewählt – in unserem Beispiel Miami (KMIA). Anschließend wird die Ankunftsprozedur (STAR) und der entsprechende RNAV-Anflug – z. B. RNAV (GPS) RWY 08R – ausgewählt und in den aktiven Flugplan übernommen.
Wichtig ist, dass sämtliche Wegpunkte korrekt geladen sind und auch eventuelle Altitude Constraints angezeigt werden. Die Einhaltung dieser Höhen ist nicht nur operationell relevant, sondern auch aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben – insbesondere im Anflugbereich komplexer Lufträume.
Zusätzlich müssen die Anflugminima – beispielsweise eine Minimum Descent Altitude (MDA) von 426 Fuß – manuell im System eingetragen werden. Sicht- und Windverhältnisse sowie aktuelle Temperaturdaten sollten ebenfalls berücksichtigt werden, um mögliche Performance-Einschränkungen frühzeitig zu erkennen.
Fliegen des RNAV-Anflugs
Ist das FMS korrekt eingerichtet, beginnt der eigentliche Anflug. Das Flugzeug folgt nun der programmierten Route – meist im Managed Mode. Die Höhenführung erfolgt automatisch über die eingestellten Constraints, sofern die VNAV-Funktion unterstützt und aktiv ist.
Besondere Aufmerksamkeit gilt nun den Wegpunkten mit Höhenbeschränkungen. Diese können „at or above“ oder „at or below“ definiert sein. Das Flugzeug muss exakt innerhalb dieser Vorgaben bleiben. Die automatische Höhensteuerung des A320 erleichtert diesen Teil, erfordert jedoch ständige Überwachung durch den Piloten – insbesondere bei hohen Arbeitsbelastungen oder Verkehr.
Einsatz des Autopiloten
Während des RNAV-Anflugs kann der Autopilot wertvolle Unterstützung leisten. Sowohl die laterale als auch vertikale Navigation kann automatisiert erfolgen. Voraussetzung ist, dass die RNAV-Führung aktiv ist (NAV-Modus) und die Höhenfreigaben im FMS richtig eingegeben wurden. Zusätzlich sollte die Speed-Protection überwacht und ggf. manuell angepasst werden, um eine Überkonfiguration in den unteren Segmenten des Anflugs zu vermeiden.
Ein Übergang auf manuelle Steuerung erfolgt üblicherweise kurz vor Erreichen der Entscheidungs- oder Minimumhöhe. Die Deaktivierung des Autopiloten und der Flight Directors erfolgt im geeigneten Moment, um die Fluglage visuell stabil auf die Bahn auszurichten.
Letzte Phase: Anflug, Übergang zur Sicht und Landung
Im Endanflugbereich übernimmt der Pilot wieder die manuelle Kontrolle. Die PAPI-Anzeigen dienen nun zur visuellen Gleitwegkontrolle, sofern vorhanden. Eine stabile Fluglage, kontrollierte Sinkrate und der korrekte Aufsetzpunkt sind in dieser Phase entscheidend.
Die Landung selbst erfolgt nach Standardverfahren: Flaps Full, Gear Down, Speed angepasst. Nach dem Aufsetzen müssen Schubumkehr und Bremsen zügig aktiviert werden, um das Flugzeug sicher zum Stillstand zu bringen.
Typische Herausforderungen und Lösungsansätze
Obwohl RNAV-Anflüge technisch unterstützt werden, gibt es operative Herausforderungen:
GPS-Integrität:Die Verfügbarkeit und Genauigkeit des GPS-Signals muss vor dem Anflug sichergestellt sein. In Fällen von GPS-Störungen oder instabilen Positionsdaten muss ein alternatives Verfahren (z. B. VOR- oder Sichtanflug) vorbereitet sein.
Go-Around-Verfahren:Bei Instabilität im Anflug, Verlust der Navigationsreferenz oder unklarem Bahnkontakt bei Erreichen der Minimumhöhe ist das Go-Around-Verfahren konsequent einzuleiten. Dabei wird auf die in der Karte veröffentlichte Missed Approach Route überführt – idealerweise durch bereits vorgegebene FMS-Programmierung unterstützt.
Flugwegführung bei Rückenwind:Auch in RNAV-Verfahren müssen Windkomponenten berücksichtigt werden. Ein stärkerer Rückenwind kann dazu führen, dass das Flugzeug den Gleitweg unterschreitet oder die Flugzeit bis zum nächsten Constraint verkürzt – hier ist vorausschauendes Handeln gefragt.
Fazit
Der RNAV-Anflug ist ein modernes, vielseitiges und zuverlässiges Verfahren, das in der heutigen Luftfahrt nicht mehr wegzudenken ist. Wer die Funktionsweise des Systems, die Rolle der Wegpunkte und die Bedeutung von Höhenbeschränkungen verstanden hat, kann dieses Verfahren sicher und effizient fliegen.
Für Flugschüler und junge Linienpiloten ist der RNAV-Anflug nicht nur Prüfungsinhalt, sondern ein zentrales Element der täglichen Praxis. Je besser die Vorbereitung, desto sicherer und stabiler der Anflug – ob in Miami oder anderswo.